Samuel 0 Baustellen-Blog

Panorama Bahn: Seiltransport und Seil spleissen

Das 48 Tonnen schwere Seil der Panorama Bahn wurde bei der Firma Teufelberger in Niederösterreich gefertigt und von Spiegl Transporte bis auf 1.950 Meter oberhalb von Schruns angeliefert. Den kompletten Transport vom niederösterreichischen St. Aegyd bis zur Baustelle der längsten Sportbahn Vorarlbergs hat die Firma Spiegl Transporte aus Tirol übernommen, die sich auf solche Schwertransporte spezialisiert hat. Doch der schwierigste Teil steht den Männern von Chef Fredi Spiegl noch bevor. Hinauf aufs Hochjoch bis zur Stütze 4 der neuen Bahn.
Nach einer kurzen Besprechung ging es los und es war allein schon beeindruckend, als das Gespann durch das Dorf fuhr. An der Kirche vorbei und hinauf in Richtung Kapell. Eigentlich sollte die Strecke gesperrt sein, sicherheitshalber fährt ein Begleitfahrzeug voraus. Doch schon nach wenigen Metern kommt ein erstes Fahrzeug entgegen: Dieser LKW hat es nicht rechtzeitig ins Tal geschafft. Zum Glück ist die Ausweiche vorhanden, es geht sich knapp aus.
Beim Fahrzeug mit der überdimensionalen Seilspule auf der Ladefläche handelt es sich um eine IVECO – Trakker 8x6 4-Achs Schwerlastzugmaschine mit einem Tiefbett Kesselbrücken Sattelauflieger. Der Motor verfügt über rund 700 PS und die sind hier auch nötig. Im Schritttempo bewegt sich das Ungetüm mit der schweren Last im Schlepptau den Berg hinauf.
Bis jetzt verläuft der Transport reibungslos, in der ersten Steilkurve ist allerdings gleich das komplette Team gefragt, hier entscheiden Zentimeter. Während der Fahrer für die Zugmaschine zuständig ist, lenkt der Begleiter die Achsen des Aufliegers per Fernsteuerung. Über Funk sind die beiden miteinander verbunden und stimmen sich ab. Dazu ist allerdings eine gute Zusammenarbeit und viel Fingerspitzengefühl notwendig. Ein weiterer Einweiser zeigt die Distanz zur Umgebung an. Kaum ist die Zugmaschine ums Eck geht es weiter, unaufhaltsam in Richtung Berg. Jede Serpentine bedeutet Zeitverlust, die Strecke ist nur für vier Stunden gesperrt, deshalb müssen Fredi Spiegl und seine Kollegen möglichst rasch um die Kurven kommen und dabei natürlich nichts beschädigen: weder den LKW, noch die Umgebung geschweige denn die Fracht. Kaum ist die letzte Kehre geschafft geht es bis zum Kropfen zügig weiter. Bisher war alles asphaltiert und breit genug. Doch ab sofort ist das Team auf einer unbefestigten Schotterstrasse unterwegs, ein zusätzlicher Faktor, der die Aufgabe nicht gerade einfacher macht.
Übrigens: Das Seil für die 2.374 Meter lange Einseil-Umlaufbahn mit 65 Gondeln wurde von Teufelberger hergestellt, ist 5,2 Zentimeter dick und 4.830 Meter lang. Daher kommt auch das Gesamtgewicht von 48.000 Kilogramm, mit Spule insgesamt 65 Tonnen. Die Crew von Spiegl Transporte muss immer auf die Achslast achten, damit der Schotterweg und die Reifen nicht zu sehr belastet werden. Bei zu viel Druck könnte ein Reifen platzen oder sogar die Strasse abrutschen.
Nach drei Stunden Fahrt ist endlich das Kapell erreicht. Hier gibt es die letzte Einsatzbesprechung. Zwei kritische Punkte stehen jetzt noch bevor: das steilste Stück und eine extrem enge Kehre. Hier wird einfach der sich bietende Platz vor dem Führerhaus genutzt und der LKW-Fahrer schiebt den Sattelzug bis zur nächsten Kehre rückwärts den Berg hoch. Aufgrund der Erfahrung von Spiegl Transporte wird vor dem steilsten Stück ein weiterer LKW vor die Zugmaschine gespannt. Zusätzliche 500 Pferdestärken sollen den notwendig Leistungsschub bringen. Einmal Schwung holen und mit vereinten Kräften sollte die letzte Steigung geschafft werden. Endlich oben, das Seil für die Panorama Bahn hat seinen Bestimmungsort erreicht. Nach der über 600 Kilometer langen Reise, sind alle froh am Ziel zu sein.
Jetzt heißt es nur mehr die 65 Tonnen Seil abladen. Dazu ist neben dem Spiegl LKW mit Knickarmkran auch ein Mobilkran des Lustenauer Unternehmens Scheffknecht Autokran zur Stütze 4 der längsten Sportbahn Vorarlbergs erforderlich. Links und rechts von der Spule wird das Gewicht angehängt, zeitgleich angehoben, sodass die Zugmaschine mitsamt Sattelauflieger darunter wegfahren kann. Mission abgeschlossen! Das Seil wurde fristgerecht abgeliefert und kann demnächst von den Mitarbeitern der Silvretta Montafon montiert werden.
Wenige Tage später wurde ein Hilfsseil mittels Helikopter eingehoben, anschließend per Seilwinde das Original-Seil der Panorama Bahn eingezogen und mit dem Spleissen des Seiles begonnen: Dass es eine besondere Aufgabe ist das Seil der längsten Sportbahn Vorarlbergs einzuziehen und die beiden Enden miteinander zu spleissen, das weiß schon Seilbahntechnik-Lehrling Lisa Fiel. Sie ist zum ersten Mal beim Spleissen einer neuen Bahn mit dabei. Es wird viel Kraft benötigt, um das Seil immer wieder anzuheben, die Litzen raus- und wieder reinzudrehen.
Gemeinsam mit den restlichen Mitarbeitern der Silvretta Montafon und dem Monteur der Firma Teufelberger, die in Niederösterreich das 52 Millimeter starke Seil bestehend aus sechs Litzen hergestellt hat, wurden auf über 60 Metern Länge Litzen heraus geflext und die beiden Enden miteinander verwoben.
Leider spielte auch hier das Wetter wie so oft während der Bauphase der Panorama Bahn nicht wirklich mit: Regen, Nebel und bewölkter Himmel wechselten sich ab. Insgesamt war die Mannschaft zwei Tage mit Spleissen beschäftigt, gegen Ende wurde noch ordentlich gehämmert, damit die Litzen perfekt hineinpassen. Um das Seil langlebiger zu machen wurde zum Schluss noch mit einer sogenannten Seilspinne gearbeitet.
Die 65 Gondeln auf der 2.374 Meter langen Einseil-Umlaufbahn können später dann mit einer Maximalgeschwindigkeit von 6 Meter in der Sekunde genau auf diesem Seil bewegt werden. Das ergibt für die neue Panorama Bahn eine Förderleistung von 2360 Personen pro Stunde.
Fotos von Daniel Hug.


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Autor

Samuel

Ich bin geboren und aufgewachsen in Bregenz, war lange in der Vorarlberger Medienbranche tätig, bevor es mich nach München zog. Dort habe ich als Redakteur unter anderem für SAT1 produziert. Da es aber zu Hause und in den Bergen am Schönsten ist, kehrte ich ins Ländle zurück, wo es mich bald darauf ins Montafon verschlug. Hier war ich vor allem als Moderator und Redakteur bei Montafon.TV tätig.